Tränesäck

Wieder mal ein schweizerdeutsches Gedicht für alle, die es gerne urchig haben…

S’Dorli liidet wenn’s am Morge
chum isch’s wach in Spiegel luegt
„Nei au!“ dänkts und äs het Sorge
wie’s in 10 Johr usgseh tuet!

Es stört sich a sim müede Blick
obwohl’s doch wach si wett
und dass es dicki Tränesäck
unter de Auge hett

Leider isch’s scho Johre so
und jedes Johr wirds schlimmer
kei Mittel mag dem Makel bcho
kei Cremä – was au immer

„Ich glaube bald,“ seits, „es isch gschiider
ich mach ä Schönheitsopration
und straffe doch die schlaffe Lider
denn gfall mer wieder und bi schön!“

Mit der Idee am gliiche Tag
isch’s zume Fründ no gange
und het ihm sini ganzi Plag
verzellt und sis Verlange

Er hets verstande und sich gfreut
dass ER do chan beroote
und s’Dorli hets gar nie bereut
will er het ihm verrote

dass äs nur öppis straffe muess
nur sis sälbschtbewusste Si
wer weiss, wies use chiem am Schluss
wär gäb ihm Garantie?

Wenn äs würd d’Auge lifte lo?
Nei,  behüet au Gott!
Äs sig so hübsch und gnau eso
isch äs, wien er ihns wott 

Mei, het das em Dorli gwohlet
liebi Wort, das tuet so guet
sini Sorg isch abedrohlet
wie ne Stei vom Härz und furt!

Sithär lueget mängisch bedi
zäme ine Spiegelwand
Är seit: „Pass uf, als Spiegel red i
du bisch die Schönscht im ganze Land!“

Wenn ich zuerst sterbe

Zwei Gedichte als Beitrag zur November Blogaktion von Petra Schuseil
Ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ich das Thema in der Sprache abhandle,
die mir am nächsten ist – in Schweizerdeutsch
und wenn ich trotz des heutigen Tages,
welcher den Menschen, die schon gestorben sind, gewidmet ist, humorvoll bin

die Übersetzung ins Hochdeutsche findet ihr in den Kommentaren
😊


Wenn ich zerscht sterbe
wenn ich denn mues go
dörf jede erbe, was ich hinderlo
Es wüssets die Meischte – ich bin steiriich
und was mit de Stei würd – das s’wär mer nid gliich
drum freuts mi, wenn jede vo euch ein chönnt erbe
eifach im Fall, wenn ICH zerscht würd sterbe

zum Bischpil de Robert wär denn zha

deshalb kommt auch schon die nächste Frage:

Wär stirbt ächt zerscht?

Bim Zmittag im Gschprööch wo’s ums Stärbe goht
und drum, wär die Wält ächt als Erschte verloht
verschreckt euses Dorli grad zimlich fescht:
„I hoff, i bis nid – nid wieder die Erscht!“

Das seits – und leit d’Serviette uf de Tisch
Will’s ebe mitÄsse scho fertig isch
Und während die andre no gmüetlich diniere
isch s‘Dorli luut dänkend am kalkuliere…

„Die erscht bin i gsi, wo s‘Huus het verloh
die erscht, wo druf abe het Chinder becho
die erscht, wo ghürote het und geschiede
s‘nomol probiert und isch ghürote bliibe
Und denn – echli spöter (s‘Dorli lacht)
die erscht, wo me het zur Grossmuetter gmacht
Drum würds mi nid wundre, wenn i scho gli
als erschti äs Urgrossmueti würd si
und gohts e so wiiter, denn fürchte-n-i scho
bin ICH zerscht en Engel und ihr nodisno.“

Doch plötzlich, do strahlts übers ganze Gesicht
Und seit: „Es stoht doch ir biblische Gschicht,
die wo zerscht si, si eventuell
am Ändi die Letschte im Karusell!“
Do lacht hinter ihm de Maa und frogt nätt
ob äs au gern no es Kaffi hätt
„Eh jo,“ seits und luegt in d‘Rundi erstuunt
Jetzt hätts doch no fascht de Dessert versuumt 

Bildquelle: Petra Schuseil

wasserschüüch

S’Dorli isch als chlises Chind
im Schwimmbad fascht vertrunke
ä Maa hets grettet grad no gschwind
sus wärs am Bode gsunke

Sit denn isch es em Dorli gliich
wenns nid is Wasser mues
isch’s heiss
denn sitzt’s am Strand ganz schüüch
und badet sini Füess

Biergarten (Juniverse)

Währendem das Dorle
auf dem Balkon einsam
von der kalten Bshorle
einen grossen Schluck nahm
fragt‘ es sich beim Laben:
„Was hat ein Biergarten
mit Bartgeiern gemeinsam?“
Na klar – die Buchstaben!

Bier und Apfelsaft – wer hat’s erfunden? Die Schweizer natürlich!
😂😂😂

Schwiige isch nid immer Gold

Manchmal wird das Schweigen zwischen Menschen so laut
dass einer sich die Ohren zuhalten muss


Im Dorli drin schwigts eländ lutt
sit me ihm het gseit
dass me ebe schwiige wett
will mes nid vertreit

Ja, was denn? Was vertreit me nit?
Isch’s öppe d’Wohret, säg?
Derbi wärs aller höchschti Zyt
und s’Gspröch der einzig Wäg

Dr einzig Wäg um sich z‘verstoh
isch d’Tatsach zerscht z‘verträge
dass ein nid s‘Gliiche fühlt wie du
und d’Gfühl – dörf jede säge

Villicht hesch dich no gar nie traut
vo eigne Gefühl z’verzelle
und s’Rede isch dir nid vertraut
au wenn’s no gärn hetsch welle

Doch het e jedes Gfühl en Grund
und jede Grund si Gschicht
drum loss es zue zur rächte Stund
bevor gar alls zerbricht

Irgendeinisch isch es z‘schpoot
und s‘git vom ewig Schwiige
ä Tinnitus wo nüm vergoht
wo immer luut wird bliibe

Traum vo dr Erkenntnis

Gott hett hütte i de Nacht
bim Dorli churz es Bsüechli gmacht
und hett ihm gseit: „Los emol zue,
ei Sach git mir eifach kei Rueh.
Es goht um d’Schöpfig – weisch, de Bricht,
in Wohrheit isch es nur ä Gschicht.
Es het vor Adam und sir Frau
scho Zyte geh und Mönsche au.
I ha dr das nur welle säge
und dass di nid verchopfsch drwäge.“

S’Dorli het drab scho chli gschmunzlet
doch plötzlich hett es d’Stirne grunzlet,
denn uf eimol wird ihm klar,
wie tüüf die Botschaft und wie wahr.
Am Änd isch’s anders, als mer meine
und wüsse tuets jo eh e keine.
Nur – isch wäge däm die Gschicht
nid eifach falsch, sie het scho Gwicht.
Zwüsche de Ziile stoht vill meh
als me mängisch grad will gseh

Das het jetzt s’Dorli welle säge, und ja
verchopf die ruhig chli drwäge

verchopfe – sich zuviel Gedanken machen

S’Dorli und sini Tierli

S’Dorli findets gar nid nett
jedi Nacht elei im Bett
drum schloofts mit villne Tierli ii
um z’Nacht nid ganz eleini z’si
Chüssi hets au meh als eis
uf em Bett wie ime Kreis
und äs zmitts drinne träumt wie immer
es chiem si grossi Lieb is Zimmer
würdi Tier und Chüssi büschele
und näbe ihns sich häre kuschele 

Chüssi – Kissen
chiem – käme
büschele – ordnen

s’Dorli

Wer ist eigentlich das Dorli? Ich benütze den Namen manchmal, um eine Geschichte zu erzählen. Es gibt sie aber tatsächlich, die Frau, die Dorothea heisst. Liest selbst:

S’Dorli isch im Grund gno jo
en alti Frau, ä bravi
Zytläbens hätt si gärn das do
was hüt ein seit, das darf i

Sie het nie dörfe, het nur welle
Si het’s villicht scho au mol gwogt
und denne gseit:  „I het nid selle!“
und s’schlächte Gwüsse het si plogt

So isch si brav und aapasst bliibe
het all Erwartige erfüllt
vo de Lüüt und vo de Gschiide
und het kei dummi Frooge gstellt

Wie wärs ächt cho in ihrem Läbe
hetti sie vo ihrem Muet
chli zämme gno und chönne säge
das woni dänke, das isch guet?

Das mach i jetze! Ganz egal
was anderi vo mir wei!
Ich han en Traum und mini Wahl
die triff i ganz elei?

Zum Glück isch villes anders hüt
und s‘muess no besser wärde
dr Mönsch isch frei und jede dörf
sich sälber si uf Ärde

Was eine tuet – i würd doch meine
solang’s mit Achtig gescheht
isch richtig und es git ä keine
wo z‘Rächt dergege redt

Wäg däm het s’Dorli do bi mir
e Stimm und no es Läbe
es dörf und was es eus verzellt
isch gwüss nid so drnäbe

Sini Gschichte sind au eusi
mä chas sich spiegle
drinne
und eigentlich – genau das wei si
dass mer eus chli bsinne

Emotione

S‘Dorli isch mit Emotione
gsägnet und scho immer gsi
in allne Läbessituatione
hets au sini Seel debi

Es offes Buech isch äs für jede
wo gärn Mönsche läse tuet
s‘Läbe teile, zäme rede
dass find s‘Dorli ebe guet

Es schämt sich nid für sini Träne
für sin Schmerz und handkehrum
lachts wie blöd und chan nid höre
s’lacht sich schier dr Buckel chrumm

S‘Dorli chan sich ganz vertüüfe
und sich fescht begeischtere
es tuet sich gern au mol verschlüüfe
wills nid alls chan meischtere

Es fühlt immer. Meischtens z‘vill
Es liebet oft und heftig
s‘Läbe isch kei eifachs Spiel
und öppe mol ischs deftig

Trotzdäm – ohni Emotione
ohni Uf und Ab im Läbe
ohni Gfühlsexplosione
Wär s‘Dorli mit sich voll dernäbe

Läbesfreud, Damaris 10 Jahre

Schatzchischte

S‘Dorli het ä Chischte
mit gang ganz vill Schätz
und mängisch tuets drin gruschte
und freut sich denn wie lätz
wenn jedi einzel Choschtbarkeit
ihns zrugg erinnere tuet
a mänge Mönsch, a mängi Freud
a mängi  Liebesgluet
es Lächle huscht em über‘s Gsicht
und s’nimmt e jedes Ding
leit’s denn wieder zrugg in d‘Chischt
und dänkt:
„Wie isch doch s’Läbe schön!“

gruschte – rumstöbern
Wie lätz – wie verrückt