wortlos

Wortlos
bist du fort gegangen
ohne einen Blick zurück 
Alles hast du mitgenommen
wars auch gestern erst
da strahltest du vor Glück

Wortlos
sind wir da gestanden
ohne Antwort, ohne dich
nichts mehr war von dir vorhanden
dein Platz war leer
unabänderlich

Wortlos
sind wir auch geblieben
Traurigkeit und manchmal Wut
sind eingezogen anstatt Frieden
wie du gegangen bist
das war nicht gut

Doch heute 
bin ich dir begegnet
schweigend schauten wir uns an
ich fühlte ihn
den Augenblick, der segnet
und nahm dich fest in meinen Arm

Nur ein Wort
hab ich gesprochen
weil ich weiss, wieviel es wiegt
in allem was in uns zerbrochen
wird etwas heil
wenn unsere Seele liebt

Vergebung ist gut, Versöhnung ist besser

Ohne Vergebung kommen wir in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen nicht weit. Konflikte passieren und wollen gelöst werden. Wer nicht vergeben kann und die Schuld immer beim anderen sucht, belastet nicht nur den Nächsten, sondern vor allem sich selbst.
Allerdings kann auch ein bitterer Nachgeschmack zurückbleiben, wenn die andere Person nicht in den Vergebungsprozess mit hineingenommen werden kann und die Vergebung einseitig bleibt. Es fällt dann schwerer, einen Schlussstrich unter alles zu ziehen, selbst wenn man dem Gegenüber verziehen hat.

Ich kann es aus Erfahrung sagen, dass ein Konflikt erst dann vollständig aus der Welt geschafft ist, wenn sich beide Seiten aussprechen können und es zu einer Versöhnung kommt.  Es ist sogar möglich, dass er im Nachhinein als wertvoll für die Beziehung empfunden wird.

Ein solcher Ausgang eines Konflikts ist der Allerschönste. Aber auch dann, wenn die Beziehung nicht mehr fortgesetzt werden möchte, ist es befreiend, wenn beide Parteien sich aussprechen und versöhnen können.

Menschen, die einander vergeben haben und versöhnt sind, sprechen nicht mehr mit Bitterkeit über ihre Konflikte, sondern sie erzählen mit Freude über die Lösung, die sie dafür gefunden haben.

Ich möchte euch mit eben dieser Freude eine Geschichte erzählen:

Es waren zwei ganz unterschiedliche Welten, die damals aufeinanderprallten. Zwei Frauen, ich – eine junge, fröhliche, sprühend voller Lebensfreude und Nira, Israelin, etwas älter und bitter geworden, welche aus sicherer Distanz misstrauisch alles und jeden betrachtete.

Was uns beide Frauen zusammen brachte, war die hebräische Sprache. Ich war diejenige, welche die Sprache erlernen wollte.  Deshalb fragte ich Nira um privaten Sprachunterricht an und so geschah es, dass wir uns regelmässig trafen. Wir hatten beide Spass dabei – zu lehren und zu lernen, und mit der Zeit entstand sogar eine Art Freundschaft zwischen uns. Wir verbrachten allmählich mehr Zeit zusammen, unternahmen gemeinsame Wanderungen und unterhielten uns über dies und jenes. Der Höhepunkt unserer Freundschaft war eine gemeinsame Reise nach Israel.

Allerdings blieb immer ein Stück Mauer zwischen uns bestehen. Je mehr ich versuchte, diese abzubrechen, desto mehr bemühte sich Nira, sie aufrecht zu halten. Zwar konnten wir uns mittlerweile in Hebräisch unterhalten, aber wir verstanden uns trotzdem je länger je weniger. Die unterschiedlichen Lebensanschauungen wurden mehr und mehr zum Stolperstein. Mein Optimismus prallte immer öfters mit Nira’s negativem Denken zusammen. Kritik gabs hier, Kritik gabs dort. Eigentlich war nichts gut, ausser es war perfekt.
Ich war alles andere als perfekt und konnte es ihr nie recht machen. Langsam verlor ich meine Freude in ihrer Gegenwart. Es war mir, als würde meine gute Laune sie geradezu zum Jammern anstacheln. Immer öfters wurde ich zum Ziel verletzender Kritik

Der Tag kam, wo ich den Kontakt abbrach. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, denn ich wollte Nira wirklich eine Freundin sein. Aber ich wollte mich auch nicht mehr der ständigen Kritik aussetzen müssen.
Die Tatsache über die nicht gelungene Freundschaft beschäftigte mich lange Zeit und stimmte mich traurig

Seitdem begegnete ich Nira nur noch sporadisch im Dorf. Wir grüssten uns, fragten wie es geht. Aber mehr liess ich nicht mehr zu, wenngleich ich spürte, dass Nira mich jeweils freundlich anlächelte. Die Ablehnung, die ich in der Vergangenheit von ihr immer wieder erfuhr, war in mir gegenwärtig.

Ein paar Jahre später begegneten wir uns unerwartet wieder. Ich war auf dem Weg zum Seniorenheim, als ich Nira in sich zusammen gefallen in einem Rollstuhl sitzend vor dem Eingang erkannte.

Wir sahen uns an und in diesem Moment geschah etwas Wunderbares. Ich  – sichtlich erschrocken über die Situation, in welcher sich Nira befand –  spürte, wie sich etwas in meinem Herzen auftat. Da war plötzlich eine Welle von Liebe und Annahme in mir, ich spürte Hilflosigkeit und Demut zugleich. Es war mir, als würde der Raum um uns weit und darob kamen wir ins Gespräch.

In unserer gemeinsamen Sprache miteinander sprechend, war es, als würden wir einander plötzlich verstehen. Beide haben wir in den vergangenen Jahren Dinge erlebt, die uns reifer und weicher werden liessen.

Nun war es Nira, die eine Bitte an mich hatte: Besuche mich, rede in meiner Muttersprache mit mir. Das würde mir guttun. Und ich antwortete freudig: Ja, ich besuche dich.

Das war vor einem Jahr. In einer Woche reisen wir (Nira ist es immer noch ein wenig missmutig und eklig drauf😊) zusammen nach Israel. Keine von uns hätte gedacht, dass uns das nochmals passieren würde.

Versöhnung macht alles besser!

Drückt uns die Daumen für die nicht ganz einfache Reise und dass es für Nira, die eigentlich doch sehr mutig ist, ein unvergesslich schöner 70. Geburtstag im Kreise ihrer Familie wird und sie ihren hochbetagten Vater in ihrem Heimatdorf im Süden Israels nochmals in die Arme schliessen kann.

Ergänzung:
Im Frühjahr 2023 reisten Nira und ich ein zweites Mal nach Israel. Sie ist meine liebe Freundin geworden. Für die schöne Zeit, die wir versöhnt miteinander erleben durften, bin ich unendlich dankbar.
Nira ist am 21. Februar 2024 nach langer Krankheit und voller Gram über das Geschehen am 7. Oktober 2023 gestorben
Ihr Andenken ist ein Segen für mich.

verzwickt und ungeschickt

Ein Konflikt
ist meist verzwickt
mindest zwei
die sich verstrickt
unglaublich manchmal
und verrückt
wie es geschieht
und ungeschickt

Was macht man nun
wer überbrückt?
ein gutes Wort
wär jetzt geschickt
wo einer traurig
und bedrückt
„Verzeih mir Freund,
nimm mein Respekt!“

Wer das kann
dem ist’s geglückt
der hat den Streit
im Keim erstickt
Beide lachen
und es drückt
Ein den Andern
ganz beglückt
weil
Versöhnung
sie erquickt

35070162 - hug collection - lovely girlfriends are embracing and smiling.

Bildquelle: https://de.123rf.com/

lang ist’s her…

Lang ist’s her
als wir noch spielten
unbeschwert und ohne Groll
als wir noch einander neckten
Hände hielten
uns versteckten
und uns suchten überall 

 Lang ist’s her
als eines Tages
plötzlich alles anders war
niemand konnt‘ es mir erklären
was in dich
in uns gefahren
irgendwie war’s unfassbar

 Lang ist’s her
in diesen Tagen
als wir noch im selben Haus
einander fremd und feinde wurden
wortlos
– nur die Wände murrten –
ging’n wir schweigend ein und aus

 Nur einmal war’s
und schicksalshaft
schenktest du mir deine Zeit
und ludst mich ein zu deinem Freund
Ein Abend nur
und beide wohl
haben wir es sehr bereut

 Bald darauf
als unsere Wege
sich getrennt, war’s selten mehr
dass wir uns noch angetroffen
zwischen Welten
fern und hoffen
denn du fehltest mir so sehr

 Viel später war’s
als wir uns sahen
und es mich unendlich fror
deine spotten Worte trafen
mich zutiefst
mit Messer, scharfen
und die Wut stieg mir empor

 Doch gestern erst
als ich noch zürnte
fand ich ein gefror’nes Herz
ich schaut‘ es an und es erzählte
mir von uns
so dass ich ahnte
deiner Seele grossen Schmerz

 Heute ist’s
dass ich verstehe
was des Menschen ärgster Feind
wenn wir nicht vergeben können
frieren wir
anstatt zu brennen
bis wir ganz erfroren sind

 Für immer ist’s
dass ich sie halte
und sie wärmend an mich drück
die Liebe jener Kindertage
wenn wir wollen
lieber Bruder
kommt sie noch zu uns zurück

10656936 - portrait of a cheerful girl and boy hugging fun in outdoor

Bildquelle: https://de.123rf.com/

Shalom alechem / Friede mit euch

Seit langem bin ich wieder mal alleine zuhause. Kein Mann, keine Kinder, keine Gäste. Es ist Gründonnerstagsabend. In den Geschäftstrassen ist es ruhig geworden. Noch ist es Tag, ein paar Kinder spielen im Hof und die Vögel zwitschern ein Abendlied. Es riecht nach Frühling. Ich freue mich auf die kommenden Feiertage.

Es ist mir grad recht, alleine zu sein. Zeit zu haben. Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Es geschieht so viel in meinem Leben und auf dieser Welt.

Shalom. Ganz spontan kommt mir dieses Wort in den Sinn. Nicht nur ich, wir alle sehnen uns nach innerem Frieden und Frieden auf der Welt.

Was mag Jesus, an den wir uns in diesen Tagen erinnern, an jenem Abend vor seinem Tod, als er sich in den Garten Gethsemane zurück zog, durch den Kopf gegangen sein?

Shalom, das hebräische Wort für Frieden meint viel mehr als nur die Abwesenheit von Krieg. Es bedeutet Ganzheit, Vollkommenheit im Sinne von Frieden mit Gott, mit den Mitmenschen und mit sich selbst. Ein Ja zum Leben haben.

Von der gleichen Wortwurzel wie Shalom wird auch das Wort „leshalem“ gebildet, welches bezahlen heisst. Frieden und bezahlen – das gleiche Wort.

Frieden hat einen Preis. Er ist nicht einfach da. Es ist nicht einfach gut mit uns und auf dieser Welt. Wir sind herausgefordert, etwas zu tun für den Frieden. Jeden Tag aufs neue.

Jesus hat für den Frieden gelebt und ist letztlich dafür gestorben. Nicht zu Unrecht wird er, als der im alten Testament versprochene Friedefürst bezeichnet. Mit seinem Tod hat er den ganzen Preis bezahlt für die Kluft die zwischen Himmel und Erde ist. Seine Botschaft ist:  Gott liebt die Menschen und hat ihnen vergeben.

das mag fantastisch klingen. Ist es auch. Wer es glauben will, darf es.  Darf glauben, dass Gott Frieden mit ihm geschlossen hat.

Und wer das weiss, kann Frieden schliessen mit seinen Mitmenschen und mit sich selbst.

Shalom alechem

P1030309 (Medium)
die uralten Olivenbäume im Garten Gethsemane, wohin  Jesus sich vor seinem Tod zurückgezogen hat