Hochzeitstag

Ich sitze im lauschigen Gartencafe des jüdischen Museums und warte auf meine Bestellung. Nach einer zweistündigen Fahrt mit dem Fahrrad brauche ich eine Pause,  bevor ich an der Führung im Museum teilnehme.

Die Fahrt war schön, dem Rhein entlang auf gut ausgebauten Fahrradwegen. Wunderbares Wetter. Nur meine Seele wollte das alles nicht sehen. Heute ist unser Hochzeitstag.
In meinen Gedanken zogen die Erinnerungen vorbei – wie die Landschaft am Rhein und der sanfte Fahrtwind versuchte ständig, meine Tränen zu trocknen. 
Ich sollte heute doch nicht alleine sein.

„Weisst du noch lieber Jürg, wie wir unseren ersten Hochzeitstag gefeiert haben? Frühmorgens noch in der Dämmerung sass ich im Brautkleid im Garten auf einer Couch, die Türe zum Schlafzimmer weit offen. Eine romantische Lichterkette, ich glaube, ich habe sogar Kaffee gekocht und aus den Lautsprechern ertönte das Liebeslied, welches wir beide so mochten
Ich habe einfach gewartet, bis du davon aufwachst und rauskommst. Und du kamst  – mit einem grossen Brautstrauss! Es war wundervoll!
Am zweiten Hochzeitstag schenktest du mir zwei Blumensträusse, am dritten drei😊
Aber es gab dann auch Jahre ohne Blumen und Jahre, wo wir den Tag vergessen haben. Das war auch ok.
Heute wäre ich allerdings glücklich, mit dir feiern zu können. Es tut einfach so weh, dass du nicht mehr da bist.“

Ah – die Kellnerin kommt mit dem Kaffee und dem Kuchen, den ich vorher an der Theke ausgesucht habe. Der sah so lecker aus. 
„Was ist das eigentlich für ein Kuchen?“ frage ich die Dame. 
„Oh, das ist unser Spezial Angebot – eine jüdische Hochzeitstorte!“

„Hey – das ist jetzt aber nicht im Ernst? Sag mal – und ich blickte kurz zum Himmel – du Jürg?“  „Doch, doch, und nun iss schon, es ist unser Hochzeitstag, und du kannst ruhig für mich ein kleines Stück mitessen.“

Das habe ich dann auch getan. Ich ass den Kuchen fröhlich auf, genoss die anschliessende Führung durch die Ausstellung und fuhr gegen Abend gut gelaunt wieder nach Hause. Unterwegs legte ich einen Halt ein und liess am Rheinufer meine Seele baumeln. Was für ein schöner Hochzeitstag war das!
Danke Jürg, dass du doch noch bei mir warst.

Du kennsch mi Götz

Du kennsch mi Götz, du weisch alles besser
Götz, du kennsch mis Härz
Du kennsch mi Götz, du weisch alles besser
mis Glück, min Schmärz – du weisch alls
du kennsch mi besser

Drum lo mi nid elei
du bisch mi Geborgeheit
bi dir bin i dihei
bi dir fühleni mi treit

I kenn di Götz, i weiss alles besser
Götz, i kenn dis Härz
i kenn di Götz, i weiss alles besser
dis Glück, din Schmärz – i weiss alls
i kenn di besser

Drum blib au i bi dir
wenn d’mi bruusch denn bin i do
du bisch dihei bi mir
und i lo di niemols go

Ja, mir gönd mitenand
mir hebet zäme uf em Wäg
es Läbe fürenand
a guete und a schlächte Täg

Mir kennend eus, mir zwei wüssets besser
du mi, und i kenn di
mit jedem Johr wirds no einisch besser
mir kennend eus bedi, mir zwei
mir wüssets besser

für meinen Götz
zum 25. Hochzeitstag