beste Nachbarn

Wir wohnen seit vielen Jahren Tür an Tür und gehen beieinander ein und aus. Wenn wir Zeit haben, trinken wir einen Kaffee oder machen auch mal Essen zusammen. Aber meistens ist es so, dass wir etwas Kleines brauchen voneinander. Meine Nachbarin hat garantiert Knoblauch und Zwiebeln auf Vorrat…ich habe Käse und Eier. Im Notfall ist das ganz praktisch.
Ich führe ihre Hundedame aus, wenn sie arbeiten muss und sie zieht mir das Bügeleisen aus der Steckdose, wenn ich ihr von unterwegs aufgeregt anrufe , dass ich es wieder vergessen habe.
Zudem hat sie den schönsten Balkon auf ihrer Seite des Blocks. Ich habe den Schönsten auf meiner Seite. Wir mögen beide Blumen, meine Nachbarin und ich. Und wir mögen einander.

Eines Tages fiel mir auf, dass sie schon lange nichts mehr von mir brauchte. Und überhaupt wirkte sie plötzlich kurz angebunden, wenn wir uns zufällig im Treppenhaus trafen.
Mir war dabei nicht wohl und deshalb fragte ich sie bei der nächsten Gelegenheit geradeaus: „Bist du mir böse?“
„Ja, ich bin verärgert über dich“, antwortete sie ebenso geradeaus.

Ich bat sie, mir zu erzählen, was sie ärgerte.
Da wurde mir klar, dass ich mich in einer Sache zwischen ihr und einer Drittperson unnötigerweise eingemischt habe. Dies hat sie sehr verletzt. Im Zuge dessen brachte sie noch ein paar andere Situationen zur Sprache, in welchen ich ihr offenbar zu nahe trat.

Ich war ziemlich schockiert. Es war nie meine Absicht, mich einzumischen oder sie zu verletzen. Ich dachte wir wären ziemlich vertraut und mein Verhalten wäre ok gewesen. Ich habe mir nichts dabei gedacht…und was die anderen Situationen betraf – wir machten doch ab und zu mal Spässe zusammen, warum war es jetzt plötzlich nicht mehr lustig?
Es ist eben so – wenn man meint, sich gut zu kennen, überschreitet man gerne mal die Grenzen. Und das habe ich ganz klar gemacht. Mir war nun ganz wichtig, sie zu entlasten. Sie war verletzt und verunsichert und das tat mir furchtbar leid.

Ich entschuldigte mich.
Ich entschuldigte mich nochmals.
Ich fuhr zum Blumenladen und brachte ihr einen Strauss ihrer Lieblingsblumen.
Ich umarmte sie und sagte ihr, dass sie meine beste Nachbarin ist und dass ich sehr gerne habe.
Von ganzem Herzen.

Dieses Ereignis ist nun schon eine Weile her. Wir sind immer noch beste Nachbarn. Nachbarn, die auch wissen, wie man einen Konflikt lösen kann.

so, und nun sollte ich mit der Hundedame spazieren gehen…

11 Kommentare zu „beste Nachbarn

  1. wie schön! Es gibt nicht so viele Menschen, die einsehen, dass sie Grenzen unberechtigt überschritten haben. Meist reagieren sie darauf pampig und tun es ab, als Empfindlichkeit des anderen

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  2. Wie nah ist nah genug – oder schon zu nah ?

    Kennst du das Gleichnis mit den Stachelschweinen ? Sie mögen einander und hocken gern zusammen, weil das gut tut und wärmt. Jedoch – wird der Abstand zu gering, pieksen sie sich gegenseitig mit ihren langen Stacheln. Dann geht es wieder ein Stück auseinander, bis sie den rechten Abstand zueinander gefunden haben.

    Schön, dass ihr euch immer noch schätzt !

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